Česká verze

Aechter Rossbacher Balsam

Es war im Frühjahr 1882, als der Roßbacher Apotheker Heinrich Hofmann (I) (geb. 1853), bei einem Spaziergang nach Faßmannsreuth im Sudetenland, von Oberlehrer Adam Wölfel angesprochen wurde.

Ein ehemaliger Schüler von Wölfel hatte eine Stelle in Wien bekommen und stand kurz vor dem Aufbruch zu seiner ersten großen Reise.

Nun war eine Reise über solche Entfernungen vor mehr als 120 Jahren eine beschwerliche und nicht ganz ungefährliche Angelegenheit. Oft vergingen Wochen und Monate bis eine Nachricht über die glückliche Ankunft zu Hause eintraf. Die Gefahr einer Erkrankung unterwegs oder in der Fremde konnte schlimme Folgen haben. Typhus, Cholera und Schwindsucht waren ebenso an der Tagesordnung, wie Verletzungen oder Infektionen während der Reise.

Oberlehrer Wölfel fragte Apotheker Hofmann nach einem Mittel, das vorbeugend genauso wirksam sein sollte, wie zur Behandlung äusserer oder innerer Krankheiten und kleinerer Verletzungen.

Stammhaus der Familie und des Roßbacher Balsams: Die Adler-Apotheke in Roßbach (Sudetenland)

Stammhaus der Familie und des Roßbacher Balsams:
Die Adler-Apotheke in Roßbach (Sudetenland)

Im Gegensatz zur heutigen Pharmazie, in der sich der Apotheker nach wissenschaftlicher Ausbildung an der Universität im Wesentlichen auf chemische Substanzen stützt, die von der Industrie entwickelt und produziert werden, hatten die Apotheker der damaligen Zeit sehr oft eigene Rezepturen, die sie selbst herstellten.

Der heutigen Forschung mit all ihren Erfolgen und Segnungen, aber auch mitunter gefährlichen Begleiterscheinungen, stand damals die praktische Erfahrung von Arzt und Apotheker gegenüber. Hatte sich eine Mixtur aus natürlichen Rohstoffen bewährt, wurde sie oft über Generationen weitergegeben, verbessert und das Wissen darüber vererbt.

Auch Apotheker Heinrich Hofmann hatte einen Vorschlag für Wölfel parat. Er kannte ein Rezept, das schon oft erstaunlich gute Heilung und Linderung erbracht hatte. Es wurde später unter dem Namen "Aechter Rossbacher Balsam" weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt.

Über die ursprüngliche Herkunft dieser Rezeptur wird in der Familie Hofmann überliefert, daß die sehr alte Herstellungsvorschrift vom Urgroßvater des Heinrich Hofmann (I) stammte, der im 18. Jahrhundert als Wundarzt und Feldscher der österreichischen Truppen auf den Schlachtfeldern des Siebenjährigen Krieges (1756-63) sein Handwerk ausübte. Heinrich Hofmann (I) selbst griff diese Vorschrift in seiner Zeit als angehender Magister, wie der Apotheker im österreichischen Kulturkreis genannt wird, in den Klosterapotheken von Maria-Schein und Wien wieder auf. Die Inhaltsstoffe des Balsams, die mit einer Ausnahme aus dem Orient stammen (wie z.B. Weihrauch und Myrrhe), deuten auf einen Ursprung des Heilmittels in Arabien hin.

Die von Heinrich Hofmann 1882 für die Wien-Reise empfohlene Mixtur wurde aber auch in Roßbach, dem Stammsitz der Apothekerfamilie, immer bekannter und begehrter, so daß es nicht ausblieb, daß auch Kunden aus der immer weiteren Umgebung den Weg über Roßbach nahmen, um hier den "Roßbacher Balsam" mitzunehmen.

Dieser zunehmende Bekanntheitsgrad hatte allerdings zur Folge, daß auch andernorts immer wieder versucht wurde, den Balsam nachzumachen. So wurde schließlich der "Aechte Rossbacher Balsam" von "Magister Hofmann, Apotheker in Roßbach" zum Patent angemeldet. Seither ist der braune, bitter schmeckende Balsam in dem Tropffläschchen mit dem Engel auf dem Etikett, von Generationen gegen alle erdenklichen Beschwerden bei Mensch - und immer öfter auch beim Tier - erfolgreich verwendet worden.

Heinrich Hofmann I und II um das Jahr 1905

Heinrich Hofmann I und II
um das Jahr 1905

Erst die Kriegsjahre 1914-18 brachten in dieser Erfolgsgeschichte einen Rückschlag. Es wurde in dieser Zeit immer schwieriger, die aus dem Orient importierten Bestandteile zu bekommen, so daß - trotz wachsender Nachfrage - nur in bescheidenem Umfang produziert werden konnte. Schon damals galt es als oberste Maxime der Hofmann´schen Balsamherstellung, daß nur die hochwertigsten Rohstoffe der seriösesten Lieferanten aus aller Welt verarbeitet wurden. Waren diese nicht verfügbar, was in den Kriegsjahren der Weltkriege häufiger vorkam, wurde nicht produziert. Die bestmögliche Qualität und Wirksamkeit des Rossbacher Balsams durfte und darf unter keinen Umständen in Frage gestellt werden!
Nach dem ersten Weltkrieg und mit dem Ausbau der Verkehrswege im deutschen Reich, wurden die auswärtigen Kunden in Roßbach immer zahlreicher. Zu dieser Zeit stellten die Sachsen hier die grösste Gruppe.

In Roßbach selbst gehörte der Balsam längst zum festen Bestandteil des Medizinschränkchens in jedem Haushalt. Seit nunmehr 40 Jahren wurde er in der örtlichen "Adler-Apotheke" angefertigt. Mit neuem Elan war der Sohn des Inhabers, Heinrich Hofmann (II) (geb.1897), nach abgeschlossenem Studium in Prag in die väterliche Apotheke eingetreten und hatte diese 1926 von seinem Vater übernommen. Der "Aechte Rossbacher Balsam" wurde nunmehr in der zweiten Generation angefertigt.

Nach Jahren des Aufschwungs und der Vergrösserung und Modernisierung der Apotheke, begann 1939 mit dem Zweiten Weltkrieg die Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Zunächst stellten sich wieder die bekannten Schwierigkeiten mit der Beschaffung der außereuropäischen Rohstoffe ein, die überwiegend aus britischen und französischen Kolonien bezogen wurden und die somit unter der Kontrolle der damaligen Kriegsgegner standen. Noch mancher alte Roßbacher erinnerte sich später daran, wie sich am Morgen vor der Apotheke lange Schlangen von Wartenden gebildet hatten, wenn im Krieg nur zweimal jährlich der Balsam produziert und verkauft werden konnte.

In so manchem Feldpostpaket gelangte er damals in aller Herren Länder und manche Kriegswunde wurde - einmal mehr seit 1756 - damit versorgt. Als die Stürme des Krieges endlich vorüber waren und man hoffte, wieder aufatmen zu können, bedeutete die Vertreibung der Deutschen aus dem Sudentenland 1946 für die Familie Hofmann den Verlust von Heimat und Apotheke, wie für den Rossbacher Balsam von namensstiftendem Herstellungsort und Kundenkreis.

Neuanfang 1949 in Küps (Oberfranken): Heinrich Hofmann II mit Frau Johanna (in weiß) und Heinrich Hofmann III in der Mitte

Neuanfang 1949 in Küps (Oberfranken):
Heinrich Hofmann II mit Frau Johanna (in weiß) und Heinrich Hofmann III in der Mitte

In der oberfränkischen Gemeinde Küps fand die Familie eine neue Heimat, wo es Heinrich Hofmann (II) - allen Widrigkeiten zum Trotz - gelang, 1949 eine neue, die Frankenwald-Apotheke, zu eröffnen.

Was lag näher, als im neuen Wirkungskreis den "Aechten Rossbacher Balsam" wieder einzuführen? Auch in der neuen, bayerischen Heimat sprach sich die ausgezeichnete Wirksamkeit des alten Präparates schnell herum.

Aber auch die angestammte Kundschaft, die durch die Vertreibung in alle Welt verstreut worden war, mochte nicht auf ihr bewährtes Heilmittel verzichten. Aus ganz Europa und Übersee trafen plötzlich schriftliche Bestellungen ein und der Rossbacher Balsam erfuhr eine Verbreitung weit über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus. Ohne Werbung und praktisch nur durch mündliche Empfehlung von Anwender zu Anwender sollte der Balsam einen ungeahnten Bekanntheitsgrad erreichen.

Der Konflikt zwischen der wachsenden Nachfrage aus dem In- und Ausland und der traditionellen und qualitätsbewussten Herstellung im kleinen Massstab stellte die Herausforderung für die nächste Generation dar. Heinrich Hofmann (III) und seine Frau Josefine übernahmen 1968 die Frankenwald-Apotheke und widmeten sich mit ganzer Kraft und neuen Ideen der Tradition des Rossbacher Balsams. In vielen Bewährungsproben mußte sich dieser immer wieder gegen den Zeitgeist der industriellen Großproduktion durchsetzen und gegen die Mühlen der staatlichen Bürokratie ankämpfen.

Die treuesten und unverbrüchlichsten Verbündeten des Aechten Rossbacher Balsams waren und sind seit nunmehr über 120 Jahren die Anwender dieser altbewährten Medizin. Über alle Höhen und Tiefen der Geschichte hinweg begründeten, festigten und verbreiteten sie den legendären Ruf des Rossbacher Balsams, wovon hunderte von Briefen begeisterter Kunden aus aller Welt ein beredtes Zeugnis ablegen. Eine ganze Sammlung von Zuschriften mit neuen Anwendungsbeispielen, von der finnischen Lehrerin, dem Missionar in Brasilien oder dem Entwicklungshelfer in Neu Guinea, um nur einige zu nennen, wurde inzwischen in der Frankenwald-Apotheke archiviert.

Geschätzt auf der ganzen Welt: Der Roßbacher Balsam

Geschätzt auf der ganzen Welt: Der Roßbacher Balsam

Mittlerweile ist die Herstellung des Aechten Rossbacher Balsams mit Apotheker Dr. Heinrich Hofmann (IV) (geb. 1965) in die Hände der vierten Generation übergegangen.

So wie der Balsam über Generationen hergestellt und die Rezeptur von den Vätern zu den Söhnen weitergegeben wurde, so wird in vielen Familien auch seine Anwendung von Generation zu Generation überliefert.

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